Bis vor kurzem nahm das muskuläre Bindegewebe (Faszien) in der anatomischen Forschung  eine untergeordnete bis gar nicht vorhandene Rolle ein und wurde hauptsächlich als Verpackungsorgan für die “eigentlichen” Strukturen wie Muskeln, Knochen, Bandscheiben, Organe etc. betrachtet. Doch neueste Forschungen belegen, dass das Bindegewebe viele Funktionen hat:

 

  • Eigenständiges Organ, das den Körper stützt und formt
  • Enthält viele Nervenendigungen, Schmerz- und Bewegungssensoren
  • Zentrales Organ der Körperwahrnehmung (Einfluss auf Immunsystem und Psyche)
  • Eigenständige Kontraktion
  • Kraftübertragung von Muskel zu Muskel
  • Muskelkoordination und reibungslose Funktion

 

Als Faszie (lateinisch: verbinden, Verbund) bezeichnet man heute alle Weichteilkomponenten des Bindegewebes, die unseren kompletten Körper wie ein umhüllendes, verbindendes und stützendes Netzwerk durchziehen.

 

Es werden drei Faszienschichten unterschieden:

 

Oberflächliche Faszien: 

Aus lockerem Binde- und Fettgewebe bestehend, findet man sie in weiten Teilen des Körpers im Unterhautgewebe. Darüber hinaus umgeben sie Organe, Drüsen und neurovaskuläre Leitbahnen. Ihre Aufgabe ist die Pufferung und Dämpfung der Lymph-, Blut- und Nervenbahnen.


Tiefe Faszien: 

Dabei handelt es sich um die dichten, faserreichen Bindegewebsstrukturen mit extrem hoher elastischer Zugbelastbarkeit, die Muskeln, Knochen und Knorpel, Nervenbahnen und Blutgefäße umschließen und teilweise durchdringen; mal als flächenhafte Faszien (z.B. die Plantarfaszie unter dem Fuß) oder Sehnenplatten (Aponeurosen, z.B. Faszie des unteren Rückens) sowie als Bänder, Gelenkkapseln, Sehnen oder Muskelsepten.


Viszerale Faszien: 

Sie umgeben die inneren Organe wie ein Handschuh die Hand und sind somit für die Aufhängung und Einbettung der Eingeweide zuständig. 

In Studien der Universität Ulm wurde festgestellt, dass Faszien mit anspannungsfähigen, muskelähnlichen Zellen ausgestattet sind. Folglich können sie sich unabhängig von der willkürlich gesteuerten Skelettmuskulatur eigenständig zusammenziehen, versteifen und auch wieder entspannen. Damit spielen die Bindegewebsstrukturen eine ganz entscheidende Rolle bei der Kraftübertragung während dynamischen, federnden Bewegungen wie z.B. dem Gehen oder Laufen. Solche Kontraktionen der faszialen Strukturen können sogar in Reaktion auf Stress auftreten.
Weiterführend wurde in neuesten Untersuchungen entdeckt, dass Faszien hochgradig innerviert sind und somit Schmerzen verursachen können. Es wird sogar vermutet, dass ein Großteil der Rückenschmerzen nicht, wie bisher angenommen, mit den Bandscheiben zu tun hat, sondern vielmehr durch Schädigungen der Rückenfaszie ausgelöst werden. Ebenso sind vermeintliche Muskelverspannungen oftmals tatsächlich Verhärtungen des Muskelbindegewebes.